Éducation Aventureuse
Publikation zu zehn Jahren experimenteller Lehre im Studiengang Choreographie am HZT Berlin
Die gerade erschienene Publikation “Éducation Aventureuse” versammelt Erfahrungen aus zehn Jahren experimenteller Lehre im Studiengang Choreographie am HZT Berlin. Der Studiengang hat in dieser Zeit den Raum der Hochschule immer wieder verlassen, um Studierenden und Lehrenden Begegnungen zu ermöglichen, die den institutionellen Rahmen und die Routinen des Studienalltags zumindest kurzzeitig hinter sich lassen – durch Reisen, in Kollaborationen mit ungewöhnlichen Partnern und durch Arbeiten in Landschaften jenseits von Bühnenräumen und Studios. Diese Bewegung ins Offene verstehen wir als konstitutiv für choreographische Praxis – eine Bewegung hin zu sozialen Situationen, in denen Aufmerksamkeit entsteht für das Übersehene und Abgelegene, für andere Zeitlichkeiten und für das Politische im Alltag.
Die Publikation dokumentiert Reisen von Lehrende und Studierende nach Frankreich, Iran, Italien und Österreich. Mit Beiträgen von Susanne Traub, Susanne Vincenz, Wanda Golonka, Ingo Reulecke, Niels Weijer, Mohammad Abbasi, Melika Akbari, Maria Rutanen, Dina Sennhauser, Claire Federica Crescini, Akemi Nagao, Elvan Tekin, Tim Winter, Carolina de Vega, Holger Seidelin, Melissa Herrada, Onur Özyurt, Pooyesh Frozandeh, Leo Naomi Baur, Heike Albrecht, Yuko Matsuyama, Johanna Jörns, Felipe Fizkal, Vera Shchelkina, Christiane Berger und Isabel Robson.
Das Buch ermöglicht, einer choreographischen Praxis unterwegs über die Schulter zu sehen und vermittelt Eindrücke der mehr oder weniger abenteuerlichen Lernerfahrungen, die dabei provoziert wurden. Es versammelt Stimmen und Fotos von Studierenden, Alumni, Team und Wegbegleiter*innen in Momentaufnahmen aus Texten und Bildern, die ausschnitthaft vermitteln, was choreographische Praxis jenseits von Bühnenkunst sein kann und wie forschende Lehre neue Zugänge für das choreographische Feld eröffnet.
Das Buch ist per E-Mail an office_mac@hzt-berlin.de bestellbar.
Epilogue
von Prof. Wanda Golonka
Weitergabe
Verbindungen knüpfen - und Wissen vermitteln
Erfahrungen provozieren
Experimentieren, weiter experimentieren
Vertrauen schaffen
Auf dem Weg des Fühlens
das innere Zuhören aktivieren.
Damit in diesem unbekannten, nicht benannten,
persönlichen Raum,
sich die innere Landschaft entfaltet,
sich verkörpert.
Einen Zeit-Raum schaffen und ihn energetisch aufrechterhalten.
Eine Frage des Rhythmus,
Keine Tricks, keine Regeln und keine Antworten.
Verwirrungen stiften,
schütteln, was eingeprägt ist,
festhalten,
anhäufen und dann loslassen.
Öffnen.
Absolut anspruchsvolles Verhalten gegenüber sich selbst.
Im Berühren ruhen
Sich voll und ganz engagieren,
sich selbst die Chance geben,
Widerstand zu leisten
zu schaffen
was andere vielleicht nicht mögen.
Sich über, unter oder diagonal positionieren.
Aber nicht auf der Seite der Erwartungen.
Wachsam bleiben.
Hinterfragen, die Perspektive wechseln.
Das Gegenteil tun, wegwerfen.
Rückwärts gehen und es noch einmal versuchen.
Begleiten,
nicht, um etwas Vorgegebenes, Etabliertes beizubringen.
Sondern um das, was gesagt wird, zu übersetzen,
damit es neu gehört werden kann.
Um in einen sensiblen Humus eintauchen zu können,
in das Unbetretene, in die Schnelligkeit,
damit ein Ausdruck, ein neuer Tanz entsteht.
Und jetzt entknoten
Nein
verknoten.
English version
Passing on
Making connections - and imparting knowledg
Provoke experiences
Experiment, keep experimenting
Create trust
On the path of feeling
Activate inner listening.
So that in this unknown, unnamed,
personal space,
the inner landscape unfolds,
embodies itself.
Create a time-space and maintain it energetically.
A question of rhythm,
No tricks, no rules and no answers.
Create confusion,
shake what is memorised,
hold on to it,
accumulate and then let go.
Open.
Absolute demanding behaviour of yourself.
Resting in touch
Commit yourself fully and completely,
give yourself the chance,
to resist
to create
what others may not like.
Position yourself above, below or diagonally.
But not on the side of expectations.
Stay alert.
Questioning, change your perspective.
Do the opposite, throw it away.
Go backwards and try again.
To immerse them in a sensitive humus,
into the untrodden, into speed,
so that an expression, a new dance emerges.
And now unknot
no
knot.
